Ausbildungstagebuch Teil 1

05.10.2022

Bobby ist mittlerweile schon ein Monat bei mir. Wir haben uns auch schon etwas kennengelernt. Ich denke er hat sich ganz gut eingelebt. Gelassen und ruhig war er von Anfang an. Er ist aber auch der Typ Pferd der seine Unsicherheit nicht nach außen zeigt. Das erfordert viel Fingerspitzengefühl und genaue Beobachtung. Er ist einfach ein unbeschriebenes Blatt für mich. Laser kenne ich doch schon seit 8 Jahren. Ich weiß zumindest meistens wie sie tickt und drauf ist. Bobby muss ich erst richtig kennenlernen und ein Gefühl für ihn kriegen. Das geht nicht von heute auf morgen. Nach einem Monat ist dies noch nicht geschehen. 

Ich habe ihn die letzten Wochen hauptsächlich am Platz etwas gearbeitet. Kurze Einheiten, teils sehr kurz weil seine Aufmerksamkeitsspanne gerade am Anfang extrem kurz war. 3-4 mal die Woche. Zusätzlich wurde er meistens geputzt bevor wir gearbeitet haben. Ganz normale Pferdealltagroutine. Mittlerweile steht er brav still beim Putzen und versucht nicht nach 5 Minuten wegzurennen. Ich glaube, er mag es auch ganz gerne geputzt zu werden. Er scheuert sich bei jeder Gelegenheit somit ist das Putzen auch sehr angenehm für ihn. Er ist gerade mitten im Fellwechsel und haart extrem. Seine wunderschöne lange Mähne habe ich begonnen einzuflechten weil sie ansonsten einfach zu sehr verfilzt. Beim Bürsten trotz super Mähnenspray reiße ich ihm einfach zu viele Haare aus jedes Mal. Daher trägt der Herr neuerdings Zöpfe. Er gibt mittlerweile auch sehr brav alle Hufe. Den ersten Hufschmiedbesuch haben wir auch hinter uns. 

Wir machen aktuell hauptsächlich Führtraining mit einem Knotenhalfter und er durfte auch schon einige Male Freilaufen um etwas auf Tempo zu kommen und überschüssige Energie loszuwerden. Führtraining habe ich zunächst nah am Pferd mit ihm geübt, was recht schnell gut geklappt hat. Mittlerweile arbeite ich auch am Führen auf etwas Abstand als Vorbereitung zum Longieren. Ich übe mit ihm das Hinausschicken und das Hereinkommen. Er lernt also auch zu Weichen. Sowohl über die Schulter aus auch die Hinterhand. Das klappt wenn er einen guten Tag hat und sich konzentriert sehr gut. 

Beim Freilaufen habe ich zunächst nur die Hand bestimmt auf der er läuft, ihm aber selber das Tempo überlassen. Seit neuestem versuche ich auch die Gangart vorzugeben.  Dabei tut er sich noch schwer Schritt zu gehen. Der Schritt existiert dabei im Moment noch nicht wirklich. Das Problem ist, dass ich dann zu weit von ihm entfernt bin, sodass er mich einfach nicht wahr nimmt. Mein "Auslauf bzw Arbeitsplatz" ist doch relativ groß für sowas. Einen klassischen Roundpen haben wir nicht. Ich habe anfangs etwas abgezäunt um den Raum kleiner zu gestalten, dann war es aber kein schöner Zirkel und er hatte Probleme in den Ecken und tat sich furchtbar schwer beim Galoppieren. Zum Galoppieren braucht er einfach den größeren Platz. Wir arbeiten weiter dran den Schritt zu installieren. Aktuell denke ich ist es sinnvoller ihn über "longieren" bzw übers Führen auf Abstand zu installieren, besser gesagt die Kommandos für die einzelnen Gangarten zu installieren, zumindest für Schritt und Trab. Für den Galopp braucht er einen größeren Platz das werden wir so mit kleinem Zirkel erstmal nicht schaffen. Was die Sache derzeit erschwert ist die Tatsache dass es Herbst ist und abends immer früher dunkel wird. Daher mussten wir in letzter Zeit auch im Flutlicht arbeiten. Es fällt ihm noch schwerer sich dabei zu konzentrieren. In der Dunkelheit ist es doch gruselig für ihn. Vernünftig auf etwas Abstand zu Arbeiten ist in der Dunkelheit noch nicht wirklich sinnvoll möglich. Er konzentriert sich sofort auf seine Umgebung und nicht auf mich. Sinnvolles Freilaufen ist so unmöglich. Das ist aber völlig normal bei einem jungen Pferd. Man vergisst solche Sachen nur sehr schnell wieder. Auch Laser war anfangs im Flutlicht kaum zu arbeiten. Daher habe ich beschlossen, zumindest zu versuchen tageweise auch noch im Hellen mit ihm zu arbeiten solange dies noch möglich ist. Die Zeitumstellung kommt in Riesenschritten näher, wir müssen uns früher oder später an die Dunkelheit gewöhnen. 

Heute habe ich ihn daher gleich morgens zum Spaziergang mit dem Hund mitgenommen. Die erste größere Spazierrunde für ihn nachdem wir schon 2 mal ein kurzes Stück gegangen sind. Warum ich mit ihm bis dato noch nicht so weit gegangen bin liegt auch ein bißchen an Laser. Ich wollte sie ungern anfangs unbeaufsichtigt alleine lassen. Schließlich weiß man nicht was sie macht. Letzte Woche hat dann mein Mann zufälligerweise gerade Zeit gehabt und sich angeboten nach Laser zu schauen. Also bin ich mit Bobby ein Stückchen gegangen. Und es hat gut funktioniert. Laser hat sich nicht umgebracht in ihrer Box. Auch heute hat es funktioniert. Daher wird das Spazieren gehen in nächster Zeit fix ins Trainings- und Ausbildungsprogramm mit aufgenommen. Dem kleinen Kerl schadet es überhaupt nicht die Welt langsam kennen zu lernen und sich etwas länger und dann vielleicht auch noch bergauf und bergab bewegen zu müssen schließlich ist er sehr gut bei Appetit. 

Für mich ist es ganz lustig mit dem Kleinen zu spazieren. Er ist doch handlicher als Laser und läuft nicht ganz so schnell Schritt wie die Große. Direkt entspannend. Der Hund war auch ganz aufgeregt und musste ihn erstmal beriechen. Scheinbar geht er nicht gleich auf den ersten Blick als Pferd durch. Der Respekt davor war dann nicht so groß wie der Respekt von Laser. Natürlich war es beim Gehen wieder ein Unterschied zu Laser. Bobby kennt noch nicht viel. Am Traktor mit Mähwerk mussten wir mit Ponyprusten und großen Augen vorbei gehen. Die gestapelten Siloballen waren auch sehr gruselig. Und der grüne Mülleimer an der Kreuzung? Wofür ist das Teil denn? Das Gute ist, er wird nicht kopflos und versucht nicht zu flüchten. Wir werden dass jetzt wohl 1-2 mal die Woche so machen, dass wir morgens eine Runde mit dem Hund gehen. Vorher hatte ich immer Laser mit. Mittlerweile reite ich die wieder ein bißchen auch im Gelände somit wurde die Kapazität frei für den Kleinen. 

Ich habe Bobby auch schon mit Dualgassen konfrontiert wenn ich Laser damit gearbeitet habe. Es macht Sinn die Gassen für 2 Pferde aufzubauen. Bzw habe ich 4 Gassen und 4 Stangen zur Verfügung. Der Aufbau der Gassen selber geht schnell, die Stangen sind etwas schwerer und blöder einzuparken. Bei der Arbeit in den Gassen merkt man, dass es ihm schwerfällt die Konzentration zu halten um die Gassen genau zu treffen. 

Alles in Allem bin ich recht zufrieden mit ihm. Er hat keine Unart. Er gibt sich Mühe und arbeitet nach seinen Möglichkeiten mit. Es liegt bestimmt noch ein langer Weg vor uns bevor man ernsthaft an irgendwas Ernsteres wie reiten oder vielleicht auf Fahren denken kann. 

Was ganz lustig ist, Bobby besitzt derzeit ein Stallhalfter und ein pinkes Knotenhalfter und Putzzeug. Das wars. Scheinbar hat man den Kramhortungstrieb nur beim ersten Pferd. Natürlich viele Dinge die ich für Laser habe, wie das Bodenarbeitsseil, die Longe, und diverse Peitschen nutze ich für ihn genauso. Aktuell brauchen wir aber auch nicht mehr. Viele Dinge die ich bei Laser im Vorfeld angeschafft habe, haben dann nicht gepaßt oder haben wir schlussendlich auch nicht gebraucht. Ich bin gespannt wie lange es dauert bis auch Bobby eine Vollausstattung hat.