Ausbildungstagebuch Teil 4
Es wird wieder mal Zeit für ein diesmal etwas ausführlicheres Bobby Update. Er ist mittlerweile seit über einem halben Jahr bei uns. Demnächst müsste er 4 Jahre alt werden. Vielleicht ist er es auch schon. Leider weiß man den genauen Geburtstag nicht.
Laut seiner Anzeige damals im Internet sollte er letzten Herbst 1,20m groß gewesen sein. Das war er aber nicht. Er ist seitdem er hier ist schon gewachsen und misst im Moment stolze 1,17m. Frisch gemessen. Mit dem Fellwechsel wird er heller. Gerade an der Hinterhand hat er im Moment sehr viele weiße Stichelhaare bekommen. Ich bin schon gespannt wie er in 2-3 Jahren ausschauen wird. Sein Gesamtpflegezustand ist besser geworden seit er hier ist. Nicht dass ich behaupten möchte, dass er komplett verwahrlost gekommen ist, aber er war schon ordentlich verwurmt im Herbst. Die zweite Grundimmunisierung wurde einfach nicht gemacht und er war etwas stumpf im Fell. Bobby war von der Tierschutzorganisation in Irland schon vermittelt worden an eine Stelle in Deutschland. Seine Besitzerin dürfte überfordert gewesen sein und hat ihn wieder zurückgegeben. Um ihn nicht wieder nach Irland zurück transportieren zu müssen kam er auf eine vorübergehende private Pflegestelle in Deutschland von wo aus er dann eben an mich neu vermittelt wurde. Er stand nur ca. 3 Monate auf dieser Pflegestation bevor er dann zu mir kam. Der kleine Kerl hat also eine ziemliche Odyssee hinter sich seinen ersten Jahren.
Ich habe ihn 2 mal entwurmt im Herbst. Er wurde dann von mir nochmal neu grundimmunisiert und bekommt seit er da ist hochwertiges Mineralfutter mit einer Handvoll getreidefreien Mash um ihn einfach Mineralstoff– und Spurenelementmäßig etwas aufzupäppeln. Gerade Pferde mit viel Langhaar müssen gut versorgt werden, ansonsten kann es schnell zu Mauke oder Sommerekzem kommen. Wir kämpfen noch mit Schuppen in der Mähne und im Kötenbehang. Ich hoffe das wird auf lange Sicht besser durch die Mineralstoffmischung. Man darf sich da keine Wunder von heute auf morgen erwarten. Das dauert einfach bis die Pools im Körper wieder entsprechend aufgefüllt sind. Derzeit frisst er Heu ad libitum und es funktioniert sehr gut. Er ist auch mitten im Zahnwechsel.
Er ist vom Wesen her mittlerweile komplett aufgetaut. Lässt sich brav einfangen und kommt auf Zuruf. Er kommt auch bei der Stallarbeit immer mal vorbei und holt sich seine Streicheleinheiten ab. Ich würde sagen, er ist sehr meschenbezogen. Generell ist er neugierig, aufmerksam und immer für einen guten Snack zu haben. Er will gerne beschäftigt und geputzt werden. Kurzum ein Pony das nicht nur Beisteller sein will sondern auch gefordert werden will und das einfach auch umsorgt werden will.
Wieviel mache ich mit Bobby im Moment?
Im Normalfall darf Bobby 4-5 mal die Woche was machen. Es gibt natürlich auch Wochen wo er wieder etwas kürzer kommt, weil ich einfach zu wenig Zeit habe oder ihn einfach bewusst weniger arbeite weil ich das Gefühl habe, dass er Pause braucht. Ich lege sehr viel Wert auf Abwechslung und kurze Einheiten. Wir arbeiten selten länger als eine halbe Stunde. Mir fällt auf, dass es besser ist ihn öfter aber kürzer zu beschäftigen.
Derzeitiger Wochenplan:
1 mal Handpferdeausritt: Er läuft jetzt seit kurzem als Handpferd beim Ausreiten mit. Das ist eine Win- Win- Win Situation. Ich kann so beide Pferde auf einmal bewegen. Bobby lernt andere Strecken kennen und wir haben einen weiteren Radius und Laser ist happy nicht alleine los zu müssen. Somit ist allen Beteiligten geholfen!
1 mal Fahren vom Boden: Wird immer besser. Lenkung, Gas und vor allem Bremse funktionieren immer besser. Ausrüstung dabei ist mittlerweile ein Micklem Multibridle Gebisslos und Longiergurt mit Schabracke. Als Langzügel nutze ich im Moment Lasers Laufferzügeln. Wir laufen Slalom um Pylonen und Hufschlagfiguren. Schön langsam könnte man in Erwägung ziehen auch mal nach draußen zu gehen und das Ganze auf einem kurzen Spaziergang auszuprobieren. Am Anfang fällt es ihm sehr schwer zu laufen ohne mich zu sehen und einfach nur auf die Zügelhilfen zu reagieren.
1 mal Quadratvolte: in der Quadratvolte laufen wir schon lange. Die habe ich eigentlich fast von Anfang an mit ihm genutzt. Ich finde sie einfach ein wahnsinnig wertvolles Trainingstool um Stellung und Biegung zu etablieren. Natürlich strengt ihn das noch ordentlich an und er kann die konstante Biegung noch nicht halten, aber man merkt doch immer wieder kleine Fortschritte. Es ist auch nicht immer gleich. Mal gibt es Phasen da tut er sich wieder schwerer, mal Phasen da geht es wieder besser von der Hand
Diese 3 Dinge sind im Moment jede Woche fix. Dazu kommt dann circa einmal im Monat eine Freispringeinheit die er sehr gerne macht. Letzten Sonntag ist er erstmals 2 mal 70 cm hoch gesprungen. Dazu musste er sich schon ganz schön anstrengen. Er hat mittlerweile eine sehr schöne Sprungmanier und der ganze Ablauf wird auch immer geregelter und balancierter. Zu oft möchte ich ihn aber auch nicht springen lassen damit er sich freut, wenn es wieder mal am Plan steht.
Des Öfteren longieren ich ihn mit Schwerpunkt darauf, dass er einfach seinen Takt findet und baue ein paar Übergänge ein. Es fällt ihm noch immer etwas schwer im Schritt loszulassen. Beim Aufwärmen ist er noch nicht locker, da läuft er zögerlich im Schritt bis er anfängt im Rücken loszulassen. Nach einigen Übergängen ist er dann oft recht hibbelig, sodass der Schritt dann oft nicht losgelassen ist und er mehrere Male von alleine wieder antrabt. Das braucht viel Geduld und Ruhe um ihn dann wieder runterzuholen bis er loslässt und ruhigen Schritt gehen kann und auch versteht, dass er wirklich nur Schritt gehen soll und nicht wieder lostraben soll.
Auch Stangenarbeit oder das Üben an Seitengängen steht manchmal am Programm. Die Seitengänge sind noch Baustelle weil er hinten auch noch nicht recht aufnehmen kann und außerdem im Moment überbaut ist.
Etwas schwierig ist es mit der Findung der passenden Ausrüstung. Der Kappzaum ist wieder ausgezogen. Das Naseneisen war einfach zu kurz und er ist hin und her gerutscht. Anstatt dessen nutzen wir ein Micklem Multibridle. Dass sitzt recht gut und der Herr ist zufriedener damit. Die Ponygamaschen sind gleich lang wie Lasers Gamaschen und damit auch zu groß. Auch sie dürfen daher wieder ausziehen. Der Ponylongiergurt ist auch zu groß. Der Shettylongiergurt grenzwertig knapp.
Wie sieht der weitere Plan aus?
Wann das Einreiten beginnt kann ich noch nicht sagen. Nur soviel, dass es sicher noch eine ganze Weile dauert. In 2 Wochen soll der Herr erstmal die Zähne gemacht bekommen. Danach werde ich ihn ganz langsam an das Gebiss gewöhnen und auch an Ausbinder. Wie lange das dauern wird kann ich noch schwer voraus schätzen. Wir haben keinen Streß. Es darf solange dauern wie es eben dauert. Dann müssen wir auch irgendwann einen Sattel auftreiben und ihn in aller Ruhe daran gewöhnen. Ich überlege im Moment auch ihn eventuell zwischendurch nochmal ein bißchen wegzustellen. Schließlich hat er jetzt doch sehr viel gelernt in den letzten Wochen und Monaten. Ein bißchen Pause um alles zu verdauen könnte nicht schaden. Ich bin noch am überlegen wann dafür der beste Zeitpunkt ist. Wahrscheinlich irgendwann in der Weidesaison.
Bobby dürfte im Laufe seiner Odysee nicht nur Gutes erfahren haben. Er zeigt sich anfangs immer etwas skeptisch wenn etwas auf seinen Rücken soll. Daher ist es wirklich wichtig ihm bei jedem Ausbildungsschritt ausreichend lange Zeit zu geben damit er sich einfach an alles in Ruhe gewöhnen kann und dass alles Routine wird für ihn bevor der nächste Schritt gegangen wird.
