Das Sensibelchen will richtig gemanagt werden

17.04.2023

Laser und ich bewegen uns nach wie vor gut vorwärts im Aufbau und in der täglichen Arbeit. An den meisten Tagen steige ich zufrieden vom Pferd. Das tut unheimlich gut, weil man damit die Bestätigung bekommt, dass die täglichen Mühen der Stallarbeit und der doch große Aufwand den eigenen Stall zu betreiben der richtige Schritt waren.

Lerne dieses Pferd noch besser kennen

Aber ich muss lernen sie noch besser zu managen, weil es wieder einzelne Tage gibt an denen es noch nicht so läuft wie ich es gerne hätte. Es ist auf alle Fälle ein Pluspunkt, wenn das Pferd zu Hause vor der Nase steht, weil man leichter beobachten und handeln kann. In den Pensionsstall bin ich in erster Linie zum Reiten hingefahren. Das waren vielleicht im Schnitt 2 Stunden am Tag an denen ich das Pferd gesehen habe. Den Rest des Tages wusste man nicht was passiert war. Jetzt habe ich sie zu Hause. Freilich steht man nicht jede Minute draußen am Stall, dennoch habe ich viel mehr Einblick als vorher. Ich weiß, wie viel Heu sie zumindest in der Nacht frisst und wie die Heuqualität ist. Nur weil Heu generell immer vorhanden ist, heißt es noch lange nicht, dass Madame auch genug davon frisst. Ich weiß, ob sie gelegen hat oder nicht und ich sehe, ob das Paddock zerwühlt ist oder nicht. So kann ich im Moment viel besser einschätzen ob sie ausgeglichen ist oder wieder eine unruhige Phase hat. Diese nervösen Phasen die sie immer schon hatte sind nach wie vor vorhanden. Sie sind allerdings nicht mehr so stark ausgeprägt und kürzer als früher. Sie ist einfach ein Sensibelchen und wird es auch immer bleiben. Kleinste Änderungen und Schmerzen, z.B. durch Verspannungen, führen bei ihr sofort zu Stress und schlagen auf ihren Magen und hemmen auch schnell die Futteraufnahme. Früher habe ich gedacht, dieses Pferd muss Dinge irgendwann auch ein Stück weit aushalten. Mittlerweile habe ich die Hoffnung aufgegeben. Ich muss mir in den Arsch treten und noch besser auf ihre sensible Art eingehen. Das ist der einzige Weg der Besserung bringt. Dabei muss man allerdings so gut es geht auch einen kühlen Kopf bewahren und nicht von einem Wundermittel zum nächsten flüchten sonst hat man bald ein leeres Konto. Gerade in Futterzusätze kann man ein Vermögen investieren. Ich habe schon vieles ausprobiert im Laufe der letzten Jahre und viel Geld ausgegeben. Das eine Wundermittel welches alle unsere Probleme dauerhaft löst war aber nicht dabei. Daher habe für mich mit dem Umzug beschlossen, dass es in Zukunft keine Futterzusätze zum Beruhigen (Magnesium und beruhigende Kräuter, Trypthphan usw…) und für den Magen mehr gibt, sondern versucht wird den Ursachen auf den Grund zu gehen.

Ursachen erkennen

Ich habe in den letzten Wochen und Monaten viel Neues über dieses Pferd gelernt. Sie ist eindeutig eine Frostbeule. Eindecken besser wärmer als zu kalt. Halsteil ist gerade bei windigem und nassem Wetter ein Must Have ansonsten lassen Verspannung im Genick, Hals- und Schulterbereich grüßen und die Rittigkeit ist dahin. Reichte früher im Warmstall die 50 g Decke fast den ganzen Winter aus, muss jetzt meistens mehr Füllung her. Am optimalen Deckenbestand arbeiten wir noch.

Die Osteo im Dezember war sehr gut und hat einige Baustellen aufgezeigt. Gerade das Genick bzw der erste Halswirbel sind schon seit Jungpferdezeit ein Dauerbrenner. Wir werden in den nächsten Wochen eine Nachbehandlung machen. Wir haben im Moment das Glück eine wirkliche Koryphäe verfügbar zu haben. Das werde ich erstmal ausnützen. Ich denke, dass es im Moment sehr wichtig ist, diese körperlichen Baustellen immer wieder zu bearbeiten, sodass die Dysbalancen weniger werden. Verspannungen bekommt sie sehr schnell: Stress generell, Kälte, unpassendem Equipment; meine Reitweise spielt natürlich dabei auch eine riesengroße Rolle. Ich versuche mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln daran zu arbeiten. Das richtige Equipment war sowieso immer ein Thema bei diesem Pferd. Nur weil man einen Sattler zur Kontrolle hatte, heißt es auch noch lange nicht, dass der auch gute Arbeit gemacht hat und der Sattel passt. Das alleine sagt mir Püppi. War ich mit dem wärmeren Eindecken und Halsteil wieder zu spät gibt's die Quittung in Form von einem steifen Pferd dass den Rücken nicht hergibt und es den Anschein macht, dass die Sättel auf einmal nicht mehr passen. Ein paar Tage später liegt der Sattel auf einmal wieder. Schief sitzende Winterdecken die nach dem Wälzen nicht wieder in ihre Ausgangsposition zurück rutschen sind ebenfalls sehr nervig gewesen diesen Winter. Deswegen werden wohl ein paar Sachen aus- und ein paar neue Sachen einziehen müssen bis zum Herbst.

Ein weiteres Thema an dem ich im Moment akribisch arbeite und mir viele Gedanken mache ist der richtige Aufbau einer Reiteinheit. Vor ca. einem Monat dachte ich endlich eine Routine gefunden zu haben die funktioniert und mit der ich das Pferd von der ersten Minute im Sattel weg aufmerksam für die reiterlichen Hilfen bekomme. Das Ganze hat aber nicht lange funktioniert. Der große Knackpunkt ist einfach nach wie vor das Akzeptieren und Annehmen meiner Hilfen. Es gibt immer noch Tage wo sie die Anlehnung des Außenzügels auf der rechten Hand vermeidet. Ich denke, dass dies mit Schmerzen im Genick oder erster Halswirbel zusammenhängt. Und es gibt Tage da ist generell alles interessanter als der Reiterschenkel. Möglicherweise ist dafür auch der Auslöser Schmerz oder vielleicht auch schlicht weg Langeweile. Wir haben jetzt doch seit langer Zeit nur Dressurarbeit am Platz gemacht. Ich denke es wird langsam Zeit wieder mehr mit Stangen zu arbeiten und das eine oder andere Cavaletti mitzunehmen. Ich bin da im Moment am Beobachten und Ausprobieren. Und dann gibt es Gott sei Dank die überwiegenden Phasen wo sie auf die Hilfen reagiert und mittlerweile relativ rittig ist. Wo man dann schon merkt, dass es einen Fortschritt gibt.

Diese ganze Sisyphusarbeit; all die kleinen Details die einen Einfluss haben herauszufinden und zu optimieren fordern mich wirklich sehr. Ich muss ehrlich gestehen, dass es noch immer viele mentale Ups and Downs gibt, auch wenn ich in erster Linie froh darüber bin, dass es mit dem Umzug nach Hause schon so viel leichter und besser geworden ist und dass zumindest viele Reiteinheiten um Welten besser sind als vor dem Umzug und ich insgeheim schon den Eindruck habe, dass alles zumindest etwas konstanter wird. Dennoch bin ich auch ein bisschen enttäuscht darüber, dass es nicht noch besser ist. Dass ich nach wie vor nicht sicher und konstant reiterlich Dinge abrufen kann und es immer wieder Tage oder mehrere Tage am Stück gibt wo sie einfach wieder nicht rittig ist. Vielleicht ist diese Vorstellung jeden Tag ein motiviertes und leichtrittiges Pferd unterm Sattel zu haben auch schlichtweg ein Wunschtraum und ich muss lernen, dass es normal ist, dass es Höhen und Tiefen gibt.

Fakt ist: Ich habe daher heuer keine Turnieroptionen. Einerseits ein befreiendes Gefühl, weil ich im Moment das erste Mal das Gefühl habe von Nichts und Niemanden getrieben zu werden, andererseits wäre es schon schön, wenn man wieder mal wieder für irgendwas wegfahren könnte und einfach mal den Alltag verlässt. Die Frage die ich für mich beantworten muss, ist auch: werde ich jemals wieder irgendwas starten oder schließe ich mit dem Kapitel Turniere ab. In den letzten Jahren war der Aufbau von zuviel Druck eher kontraproduktiv. Und es war nie die Leichtigkeit vorhanden die es benötigt hätte. So hat es kaum Sinn was zu starten. Andererseits war es ganz am Anfang nicht so und habe ich die Hoffnung, dass ich sie irgendwann wieder stabiler ans Laufen bringe noch nicht ganz begraben, weil ich im Moment schon einen Aufwärtstrend sehe. Auch Unterricht wäre mal wieder nett. Dafür braucht es aber den richtigen Trainer, der wirklich auf uns eingeht und einfach fair zum Pferd unterrichtet und nicht 0815 Schema macht. Ich habe irgendwie Angst mir wieder jemanden ins Boot zu holen und es damit wieder schlechter zu machen. Meist ist man anfangs begeistert und euphorisch und merkt erst viel zu spät, dass es wieder nicht der Unterricht ist, der uns auf lange Sicht weiterhilft sondern der nur wieder dazu führt dass man wieder von vorne anfängt. 

Mein Lieblingsausblick
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Schön langsam wird auch zu Hause mehr gearbeitet an der Longe
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Überholen verboten!
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Das Pferd auf das Balancekissen parken ist Schwerstarbeit. In die Schüssel steigen geht von alleine
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In die Working hineinschnuppern
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