Die Fronten gewechselt

13.09.2022

Von einem Tag auf den anderen war ich anstatt Einsteller Stallbesitzer. Ein Wechsel der mich fast etwas überfordert hat um ehrlich zu sein. Es waren nicht Laser und Bobby die mich an die Grenzen brachten sondern mein Einstellerwallach Rubin. 


Aller Anfang ist schwer. Ich habe bei der Planung des Stalles so viel mitbedacht und jedes Detail genau ausgetüfftelt. Das war auch gut so, weil der Stall wirklich so funktioniert wie ich mir das gedacht habe. Was ich nicht bedacht habe ist, dass es Pferde gibt, die trotz der Erfüllung fast aller Bedingungen eines pferdegerechten Lebens nicht glücklich sind. Ich habe mir in den ersten Tagen wirklich den Arsch abgerannt um alles perfekt zu gestalten. Ich streue wirklich viel ein, ich habe viel gefüttert, sodass zu jeder Zeit Heu da war. Ich habe die Pferde auf die Wiese gelassen. Sie konnten jederzeit aus und ein. Rubin stand getrennt von den anderen beiden, hatte seine eigene Box, sein eigenes Paddock, seine eigenen Wiesenseite, bekam sein Zusatzfutter und dennoch war er nicht glücklich obwohl er so schon seit 22 Jahren im alten Stall gestanden ist. 

Warum wir ihn nicht gleich vergesellschaftet haben? 

Weil er leider 22 Jahre lang alleine gestanden ist. Eigentlich hätte ich mir eine Vergesellschaftung mit Laser noch im alten Stall gewünscht. Die Besitzerin von Rubin war anfangs dafür, dann irgendwie dagegen. Sie hatte die Ausrede sie wolle die hinteren Eisen nicht abnehmen lassen, weil der Schmied diese erst vor 3 Wochen draufgenagelt hat und er ohne Eisen hinten nicht laufen würde können. Ich habe dann immer mehr gemerkt, dass es ihr lieber wäre, wenn er separat bleiben würde. Daher habe ich ihn dann auch nach dem Umzug eben abgetrennt von Laser. Es ist schließlich möglich. Ich für meinen Teil war aber froh, dass Laser und Bobby sich auf Anhieb so gut verstanden, weil ich nicht wollte, dass Laser ewig alleine stehen muss. Sie ist schließlich ein Herdenpferd und braucht Sozialkontakt. Sie stand im alten Stall schon 14 Tage alleine auf einem Wiesenstreifen neben Rubin und den ersten Tag im neuen Stall auch. Nachdem ich gesehen habe, dass Rubins Verhalten auch eher hengstisch ist und nachdem wir die Diagnose von Laser bekamen war ich dann ehrlich gesagt auch gegen eine derzeitige Vergesellschaftung. Bobby ist sehr ranghoch. Ich glaube, dass es auf einen ziemlichen Klinsch der beiden Wallache hinausgelaufen wäre. Wie sozial und fair sich Rubin der 22 Jahre alleine gestanden ist dabei verhalten hätte weiß ich nicht. Um ganz ehrlich zu sein war mir das Risiko dann auch etwas zu hoch. 

Man will auch nicht der Buhmann sein. Die Besitzer können ja schließlich auch nichts daran ändern dass die Situation so ist wie sie ist. Ich habe viel überlegt und konnte teilweise wirklich nicht gut schlafen. Ich wollte keinen Rauswurf und dennoch war mir spätestens nach dem vierten Tag klar, dass es so nicht funktionieren wird. Vielleicht hätte es einfach mehr Zeit gebraucht. Wahrscheinlich sogar. Aber es muss halt auch irgendwann halbwegs funktionieren weil es nicht mein Hauptjob ist und alles möglichst einfach nebenbei gehen muss. 

Die Aussichten den Stall in den nächsten Wochen mit Laser nur dann verlassen zu können wenn die Besitzer von Rubin vor Ort sind und darauf achten dass er sich nicht verletzt oder den Stall beschädigt war ehrlich gesagt nicht unbedingt sehr prickelnd. Man wollte mehr Freiheit und Unabhängigkeit und dann wäre man wieder angehängt.  Daher war ich ehrlich gesagt erleichtert als die Besitzer selber die Entscheidung getroffen haben ihn wieder abzuholen und zurück an den alten Stall zu stellen. 

Damit ist im Moment alles entspannter. Ich konnte mich dann wirklich mehr auf das Wesentliche konzentrieren und einfach mal in Ruhe ankommen in der Situation. Man muss erst langsam seine tägliche Routine finden und die Arbeitsabläufe perfektionieren. Das braucht etwas Zeit und einfach auch Ruhe. Es ist doch was anderes nur die beiden eigenen Pferde zu versorgen als auch noch ein Pferd das einem nicht gehört. Ich hatte selber jahrelang hohe Ansprüche an die Stallbesitzer die mein Pferd versorgt haben. Schließlich zahlt man jede Menge Geld dafür. Was man oft nicht sieht ist, wieviel Arbeit und wieviel Management eigentlich wirklich dahinter steckt wenn man es gut machen will. Viel mehr als man anfangs denkt. Daher kann ein guter Stall auch nicht ganz billig sein. 

Für mich war der Druck anfangs auch recht hoch, weil ich es einfach wirklich perfekt machen wollte. Aber ich glaube ich muss meine Ansprüche runterschrauben in Zukunft, weil ein perfekt wird es wahrscheinlich nicht geben. Wie man sieht ist auch vermeintlich perfekt manchmal nicht gut genug für manches Pferd. Es muss neben dem Wohl der Pferde auch das eigenen Wohl und Seelenheil noch im Vordergrund stehen. Letzendlich ist es nun mein eigener Stall. Ich habe die große Freiheit meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich kann mittlerweile definitiv meine Stallbesitzer zumindest etwas besser verstehen.