Rückblick- Was tun mit Fohlen und Jungpferden? Teil 1 

06.04.2020

Ein interessantes Thema das immer wieder die Geister und die Fachexperten scheidet ist das Thema: Ich habe mir ein Fohlen oder Jungpferd gekauft: Was kann oder soll ich mit ihm bis zum Einreiten machen? Selbst in der Praxis gehen die Meinungen weit auseinander. Von bis 5 jährig gar nichts machen bis zu 2 jährigen Pferden die sämtliche Zirkuslektionen und weiß der Kuckuck was alles können trifft man alles an.

Ich habe mir ein Fohlen gekauft! Und jetzt?
Ich habe mir ein Fohlen gekauft! Und jetzt?

Für mich persönlich ist wie fast überall der goldenen Mittelweg der Weg zum Erfolg. Zugegeben es fällt einem sehr schwer nichts zu machen. Noch dazu wenn es das erste eigenen Fohlen ist und wenn man auch kein zweites reitbares Pferd besitzt dem das Hauptaugenmerk zukommt wird man schnell auf die Idee kommen sich mit dem jungen Pferd beschäftigen zu wollen. Das ist prinzipiell auch nichts schlechtes. Jeder verantwortungsvolle Jungpferdebesitzer sollte sich aber intensiv mit der Frage auseinandersetzen was für ihn wirklich wichtig und unabdingbar ist und was zu viel ist. Im Grunde muss jeder selber wissen was er mit seinem jungen Pferd macht. Es hängt natürlich auch vom Pferd selber ab. Jedes Jungpferd und Fohlen entwickelt sich individuell. Es ist ein großer Unterschied ob man ein betüdelnd aufgezogenes Fohlen kauft, dass den Kontakt mit dem Menschen bestens kennt und das 1x1 der Grunderziehung schon gut intus hat oder ob man einen kleinen Wildfang kauft der den Menschen zwar gesehen hat aber mit dem nicht wirklich viel gemacht wurde.

Fohlen - ABC ist wichtig

Ich habe mich mit Laser von klein auf immer etwas beschäftigt. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass man mit Pferden unter 2 oder vielleicht sogar 2,5 Jahren nicht wirklich viel machen sollte, weil sie die nicht essentiellen Dinge etwas später auch noch lernen können. Was für mich schon wichtig ist in dem Alter ist das Fohlen ABC (Halftern, Führen, der grundsätzliche Umgang mit dem Menschen, Putzen und Hufe auskratzen). Das darf von Zeit zu Zeit abgefragt werden. Oft hat man das Gefühl" Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr". Ob das wirklich so ist, sei dahingestellt. Ich glaube schon, dass Pferde in jüngerem Alter Dinge selbstverständlicher machen und weniger hinterfragen. Ist auch bei Kindern so. Alles was wir im Kindesalter lernen, lernen wir leichter und mit weniger Furcht. Natürlich darf es nicht in Überforderung gipfeln! Da ist der Grad meiner Meinung nach sehr schmal. Schon die ungewohnten Reize beim Spazieren gehen fernab der sicheren Herde können ein junges Pferd sehr stressen.

Bei Laser habe ich anfangs verstärkt die Verhaltensregeln im Umgang mit dem Menschen geübt weil das unsere Schwachstelle war. Auch das ist Teil des Fohlen ABC. Das war anfangs sehr schwierig für sie, weil sie sich nur an ihrer Herde orientiert hat und nicht wusste, dass der Mensch auch Einfluss auf sie haben kann. Sie kommt von Ungarn und hat dort in den ersten 6 Monaten auf riesengroßen Weiden in einer großen Pferdeherde gelebt fast wie ein Wildpferd. Die Züchter haben natürlich die Pferde immer wieder kontrolliert aber nicht so betüdelt wie es bei uns ist. Als sie zu mir kam, kam sie dann auch in eine Jungpferdeherde in den Laufstall und auf die Weide somit hat sich prinzipiell für sie nichts geändert. Die Herde war ihre Familie, ihr Schutz. Den täglichen nahen Umgang mit dem Menschen war sie nicht gewohnt. Irgendwann war es zu unserer beider Sicherheit an der Zeit der kleinen Dame ein paar Regeln im Umgang mit dem Menschen zu erklären und ihr überhaupt klar zu machen, dass der Mensch ab und zu was will von ihr.

In der Herde lernt das junge Pferd vieles von alleine
In der Herde lernt das junge Pferd vieles von alleine

Was kann man meiner Meinung nach mit einem jungen Pferd anfangs machen?

Das sind keine allgemein gültigen Richtlinien sondern Dinge die ich bei meinem Pferd im jeweiligen Alter gemacht habe. Neben der sinnvollen und wohl dosierten "Arbeit" ist die passende Haltung in einer Herde möglichst auch mit gleichaltrigen Pferden und viel Auslauf und Bewegung natürlich meiner Meinung nach Grundvoraussetzung für ein junges Pferd.

Fohlen - ABC

  • Respekt vor dem Menschen -> das junge Pferd sollte lernen, dass es einen gewissen Abstand zum Menschen einhalten muss. Es darf den Menschen nicht bedrängen und nicht über den Haufen rennen.
  • Nicht beißen, zwicken oder treten -> auch das muss ein junges Pferd von klein auf lernen. Im Spiel mit den Artgenossen oder im Kampf um Futter gelten andere Regeln als beim Zusammenleben mit dem Menschen.
  • Einfangen lassen, Halftern lassen -> Auch das sind grundlegende Dinge die ein junges Pferd umbedingt beherrschen sollte. Ein Tierarztbesuch kann immer mal nötig sein. Dann muss das Pferd handelbar sein.
  • Hufe geben lernen -> Das kann durchaus eine Herausforderung sein. Das Gleichgewicht ist oft nicht vorhanden. Gerade wenn die Kleinen wieder sehr verbaut sind können sie sich kaum auf 3 Beinen ausbalancieren. Oberste Priorität, Ruhe bewahren! Wenn grade wieder mal weniger geht, nicht verzweifeln und nicht zu viel fordern.
  • Führtraining -> Führen alleine ist schon ein gutes und herausforderndes Training mit einem jungen Pferd. Das junge Pferd soll nicht überholen, nicht drängeln und brav am lockeren Strick in gleichmäßigem Abstand folgen. Am Reitplatz kann man gut um z.B. Pylonen oder Hindernisständer führen. Klappt es am Platz kann man kurze Spaziergänge wagen. Anfangs ist es sehr ratsam mit sicheren Pferden zusammen raus zu gehen und eventuell eine zweite Person dabei zu haben. Die jungen Pferde sind beim Verlassen der gewohnten Umgebung und ihrer Herde oft unsicher und ängstlich! Daher müssen die Spaziergänge langsam aufgebaut und gesteigert werden. Anfangs sollten stark befahrene Straßen gemieden werden. Das junge Pferd darf sich in einer Paniksituation nicht losreißen können! Daher nur mit ordentlichem Halfter (am besten Knotenhalfter oder ähnlichem) und ordentlichem Karabiner (kein Panikhaken) mit Handschuhen rausgehen! Glaubt mir, es kommen Situationen in denen die jungen Pferde mal in Panik versuchen werden sich loszureissen. Ist das Fohli auch noch so brav!

Das sind für mich die absoluten Basics die ein junges Pferd vor dem Antrainieren fürs Einreiten auf jeden Fall können sollte. Ob man stundenlang spazieren geht oder nicht ist jedem selber überlassen. Zumindest ein kurzes Stück von A nach B sollte man mit dem jungen Pferd zur Not mit Halfter und Strick trotzdem kommen. Wer ein kleines bißchen eifriger ist kann noch ein paar zusätzliche Sachen machen.

Fortgeschrittene Stadien.

  • Führtraining auf Abstand -> Klappt das Führen nahe am Menschen gut kann man das Ganze steigern und das Pferd etwas auf Distanz führen sozusagen. Das Pferd soll lernen vom Menschen entfernt genauso am Strick zu laufen ohne näher zu kommen, ohne schneller zu werden und irgendwann vorm Menschen zu sein. Es muss auf Distanz genauso weichen vorm Menschen. So baut man dann allmählich später das Longieren auf.
  • Führen in unterschiedlichem Gelände -> gerade der Wald ist ein super Spielplatz für junge Pferde. Bergauf, Bergab, unebener Boden fördert die Stabilität des ganzen Sehnen- und Bandapparat. Natürlich sollte man das ganze nicht übertreiben und auch bedenken dass es dafür mitunter sehr viel Balance braucht die ein junges Pferd noch nicht hat. Das selbe gilt auch für den Besuch eines Trailparkes. Prinzipiell für ein junges Pferd, wenn es nicht zu jung ist, eine gute Sache. Wichtig ist Kopf einschalten. Nicht zu viel verlangen weil es für junge Pferde vom Kopf her anstrengend ist sowie auch körperlich weil Koordination und Gleichgewicht noch nicht ausgebildet sind.
  • Gelassenheitstraining -> Man kann das junge Pferd gezielt und wohl dosiert in sicherer Umgebung mit "Schreckensgegenständen" konfrontieren wie z.B. einer Plane, einem Regenschirm, Flatterband, Luftballons, einem Rasselsack, einer Flagge und vielem anderen mehr. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die meisten Jungpferde sind von Natur aus neugierig daher ist Schrecktraining meist keine große Hexerei wenn man ihnen Zeit gibt die Gegenstände in Ruhe zu erkunden.
  • Freiarbeit -> auch gegen kurze Einheiten von Freiarbeit gibt es nichts einzuwenden. Auch da muss man bedenken, dass es aber geistig recht anstrengend ist für ein junges Pferd. Kann sein, dass es gar nicht funktioniert weil das junge Pferd zu abgelenkt ist. Konzentrationsphasen sind in dem Alter oft sehr kurz. Ablenkungen führen sofort zu Konzentrationsverlust.

Was würde ich vor dem Anreiten eher nicht machen?

  • Zirkuslektionen -> kommt natürlich auch drauf an welche. "Lachen" lernen oder sowas ist sicher möglich, körperlich komplexe Lektionen wie das Kompliment sollten in dem Alter noch nicht gemacht werden weil es laut Fachmeinungen schädlich für den noch nicht ausgewachsenen Körper ist.

Ausrüstung: Bei uns ist für solche Sachen anfangs ein gut sitzendes Knotenhalfter samt einem Bodenarbeitsstrick und ein Bodenarbeitsstick eingezogen. Weiters gehören für mich bei der Arbeit mit Pferden Handschuhe und feste Schuhe dazu. Das Equipment befindet sich nach wie vor in unserem Schrank auch wenn ich es im Moment wenig benutze.

Ein gut sitzendes Knotenhalfter ist für die Jungpferdearbeit am Anfang eine lohnende Investition
Ein gut sitzendes Knotenhalfter ist für die Jungpferdearbeit am Anfang eine lohnende Investition

Wie oft kann man mit einem jungen Pferd üben?

Ein so junges Pferd soll meiner Meinug nach nicht öfter wie 1-2 mal pro Woche kurz "gearbeitet" werden und auch Spazieren gehen ist Arbeit für so ein junges Pferd. Es macht durchaus Sinn auch wieder mal einige Wochen Pause zu machen mit der Arbeit. Das Schöne ist, sie verlernen nichts! Auch wenn es vielleicht ab und zu den Anschein macht, weil junge Pferde immer wieder Phasen haben wo sie das Gelernte einfach hinterfragen. Die meisten jungen Pferde lernen außerdem sehr schnell wenn sie verstanden haben um was es geht. Daher ist man eigentlich relativ schnell mit dem sinnvollem Programm durch. Dann ergeben sich auch automatisch wieder Pausen. Man hat mit jungen Pferden also sehr viel Zeit um nicht viel zu machen! Aber glaubt mir die Zeit vergeht wie im Flug! Die Zeit wo ihr ein Reitpferd ausbilden müsst kommt viel schneller als man denkt. Dann gibt's neue Herausforderungen zu meistern. Pferde gut vom Boden aus fürs Reiten vorbereiten ist gut. Dennoch hilft das Ganze unterm Sattel anfangs weniger als man glaubt.