Traumpferde werden nicht geboren - Sie werden gemacht

06.10.2020

Laser und ich haben uns heuer wirklich zum Dreamteam entwickelt so wie ich mir das gewünscht und erträumt habe als ich sie gekauft habe vor 6 Jahren. Es gibt mittlerweile fast nichts was wir nicht erreicht haben was ich mir damals erträumt habe als ich sie gekauft habe. Sie ist genau das Pferd geworden das ich wollte. Es war aber anfangs nicht jede Sekunde so, dass ich das Gefühl hatte, dass Laser mein Traumpferd ist und das unsere Herzen romantisch im Gleichklang schlagen. Wir haben einige Gefechte ausgetragen. Jedes dieser Gefechte hat uns allerdings ein Stück weit zusammengeschweißt. Ich weiß heute viel genauer wie Laser tickt als noch vor 2 Jahren. Ich habe sie lesen gelernt. Ich habe außerdem gelernt geduldig zu sein, meine Emotionen im Zaum zu halten, Laser zu akzeptieren wie sie ist. Das bewirkt offenbar, dass ich für Laser vertrauensvoll geworden bin. Sie lässt sich immer mehr auf mich und meine komischen Ideen ein.

Two Souls- Harte Arbeit

Ich hatte nie die romantische Vorstellung, dass wir von Anfang an auf gleicher Wellenlänge sind. Ich bin der Meinung man muss sich zusammenraufen. Alles kann nicht von Anfang an einhornfurzpink sein. Für mich als Pferdebesitzerneuling mit einem doch etwas sensiblen Fohlen/Jungpferd eine größere Aufgabe die mich schon ab und zu auch an den Rande der Verzweiflung brachte. Anfangs waren viele Emotionen im Spiel. Freude, Stolz, Enttäuschung und manchmal auch Zorn. Emotionen sind nun mal ein großer Teil unserer menschlichen Persönlichkeit haben aber in der Pferdeausbildung nichts verloren. Das wurde mir erst nach und nach klar. Je weniger ich mich in Emotionen, vor allem in schlechten Emotionen verliere, umso besser klappt es. Je weniger Erwartungen ich in Lasers Ausbildungsstand gesetzt habe umso besser hat es geklappt. Erst als ich mich wirklich auf das Individium Laser eingestellt habe und sie so akzeptiert habe wie sie ist, unseren Ausbildungsstand realistisch betrachtet habe, und einfach nüchtern angefangen habe an den Schwachstellen zu arbeiten, haben wir begonnen mehr und mehr zusammenzuwachsen.

An den Schwachstellen arbeiten

Im Hinterkopf hatte ich mir immer einen Fahrplan zurecht gelegt. Einfach Ziele die ich erreichen wollte. Große Ziele wie z.B. einmal Geländehindernisse zu springen und generell zu springen, einmal wo einen Wettbewerb zu starten. Aber auch jede Menge kleine Ziele, einfach Softskills oder die annehmbaren Dinge des Alltags. Wie das Laser sich gut verladen lässt, dass sie ruhig an der Aufstiegshilfe steht, dass sie generell im Alltag entspannt ist, beim alleine Ausreiten entspannt ist, das sie im Flutlicht im Herbst abends bei der Arbeit entspannt ist und viele Dinge mehr die im Laufe der Zeit auftauchen. Anfangs scheint vieles unlösbar und man fragt sich ob man es jemals schaffen wird mit diesem Pferd z.B. alleine entspannt ausreiten zu gehen. Eines habe ich mittlerweile festgestellt: Mit konsequenter sinnvoller Arbeit sind alle Ziele erreichbar. Auch wenn sie einem Anfangs nichts schenken darf man nicht aufgeben. Wichtig ist den Weg weiterzugehen. Es kann durchaus sinnvoll sein Tempo und Methode zu ändern, wenn man das Gefühl hat, dass es auf diesem Weg nicht geht. Man darf aber das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Am Ende des Tages, oder der Woche oder des Monats oder nach 3 Jahren muss man irgendwann dort sein wo man hinwollte.

Viele Leute haben Probleme mit ihren Pferden. Dann heißt es einfach, das Pferd wäre einfach nicht dafür geeignet, oder die Chemie zwischen uns stimmt nicht. Keine Frage aus einem mäßig talentierten Springpferd mit bescheidenem Vermögen wird keine S- Springpferd. Das meine ich mit meinem Beispiel nicht. Ich beziehe mich auf normale Freizeitreiter die bescheidenen Ziele mit ihrem Pferd erreichen wollen, wo jedes Pferd in der Lage sein sollte dies zu erreichen. Und trotzdem scheitern so viele Leute an den einfachsten Dingen mit und an ihren Pferden. Sie treten ewig an der Stelle und kommen ihrem Ziel oder ihren Wünschen keinen Millimeter näher. Dann heißt es das Pferde wäre eben schwierig oder es hätte ein Trauma oder weiß der Teufel was diese Pferde noch alles haben. Meistens haben diese Pferde allerdings gar nichts. Das wahre Handicap sitzt oben drauf. WIR Menschen und Besitzer sind es, die nichts gebacken kriegen. WIR sind diejenigen wegen denen sich das Pferd nicht wohlfühlt. WIR können ihnen nicht genug Sicherheit vermitteln, WIR verstehen es nicht ihre Bedürfnisse zu erfüllen. WIR gehen mit den falschen Erwartungen an die Sache ran und werden emotional wenn was nicht klappt. WIR sind nicht bereit an uns zu arbeiten um dem Pferd ein sicherer Partner zu sein. 

Dein Pferd- dein Spiegel deiner Seele

Laser wünscht sich einen Partner der ihr Sicherheit gibt. Sie ist von Grund auf ein eher sensibles Pferd dass sich innerlich sehr schnell anspannt und sich dann wahnsinnig schwer tut los zu lassen. Das habe ich anfangs viel zu wenig beachtet. Äußerlich gibt sie sich immer cool und interessiert, innerlich beißt sie die Zähne zusammen. Wird es ihr zu viel kann sie durchaus auch für ihre Verhältnisse heftig reagieren. Der Krönung waren leichte Steige- und Durchgehversuche beim Anblick eines knallroten Gummibootes in der Traun. Es waren nur leichte Versuche, das rechne ich ihr hoch an. Ein anderer Gaul hätte alle Vier zusammengepackt und das Weite gesucht ob mit oder ohne Reiter. Meine Ziele waren daher in den letzten Jahren in allen möglichen und unmöglichen Situationen Gelassenheit und Entspannung zu erreichen. Das ist nicht mit ein halbes Jahr 2 mal wöchentlich Schrecktraining abgetan, sondern da gehts ums Reallife. Ich habe kein einziges Mal seit Laser angeritten war mehr Schrecktraining gemacht weil sie Schrecktraining furchtbar fad fand. Im Grunde habe ich nur an mir selber gearbeitet. Ich habe gelernt Lasers Fels in der Brandung zu sein. Ihr in jeder erdenklichen Situation Sicherheit zu geben. Ich habe jede erdenkliche Situation herausgefordert. Ich bin bei Wind ausreiten gegangen, ich habe das Hallentor nicht geschlossen auch wenn Laser bei jeder Runde rausglotzen musste welcher Scheißgaul jetzt wieder am Putzplatz den Arsch gewaschen kriegt, ich bin mit dem Hänger zum Auswärtstraining gefahren und vieles andere mehr. Und es war anfangs richtig schwer keine Schnappatmung zu kriegen wenn Laser wieder mal zum fauchenden Drachen mutiert ist. Aber es war das Wichtigste und Entscheidendste überhaupt. Denn seither schenkt mir Laser ihr Vertrauen und ist mit Konzentration bei der Arbeit. "Was du da auf mir denkst, dass der Baumstamm der heute so gemein da liegt nicht gefährlich ist ?" Okay, dann kann ich daran vorbei gehen. Und noch besser mittlerweile wächst Laser regelmäßig über sich hinaus, oder über meine Vorstellungen. Sie sagt mir laut und deutlich regelmäßig: "Scheiß dich da auf mir doch nicht so an! Ich kann das doch! Ich mach das schon!"

Was ich mit meiner Erfahrung der letzten Jahre sagen möchte ist, das nur wir selber schuld dran sind, wenn irgendwas im Zusammenleben mit unseren Pferden nicht klappt. Je weniger Emotionen, schlechte Gedanken und Stimmungen wir zur Arbeit mit unseren Pferden mitnehmen umso leichter tun sich unsere Pferde mit uns zu arbeiten und uns zu vertrauen. Manche Pferde haben gewiss ein Taumata. Laser hat vermutlich eines von der Fahrt von Ungarn zu mir, wo sie so abrupt von ihrer Mutter getrennt wurde und sich dann auch noch den Kopf massiv gestoßen hat. Sie hätte alle Gründe der Welt nicht mehr in einen Hänger zu steigen. Und dennoch steigt sie in einen Hänger, wenn ich es von ihr verlange. Die Entspannung beim Fahren fehlt noch. Ich bin mir relativ sicher, die kommt auch noch im Laufe der Zeit. Aber hey, Trauma überwunden. Es ist möglich. Auch ein Pferd kann ein Trauma überwinden, wenn ich als Mensch bestimmt mit ihm umgehe und nicht ständig bemitleide deswegen und ihm Sicherheit gebe. Wir Menschen sind nun mal nicht unfehlbar. Ab und zu treffen wir einfach die falschen Entscheidungen. Auch das müssen unsere Pferde ab und zu aushalten können. Tun sie auch wenn wir das Nötige dazu beitragen.